Was bedeutet Kintsugi?

Das Leben ist Ganzheit und Bruch zugleich. Unaufhörliche Zusammenfügung. Um bei sich selbst anzukommen, muss man beide Seiten kennen.

Kintsugi [kin:zugi] hat seinen Ursprung im Zen-Buddhismus. Wörtlich übersetzt bedeutet es „mit Gold reparieren“. Es ist eine alte japanische Kunstform. Wenn eine Teeschale zu Bruch geht, fügt der Künstler die Teile mit Goldlack wieder zusammen. Kintsugi versucht nicht, die Bruchstellen als augenscheinlichen Makel zu verstecken, sondern würdigt diese, indem sie mit Gold aufgefüllt werden. Aus dem ursprünglichen Objekt entsteht ein neues Ganzes, das stabiler und schöner ist als vor dem Bruch – so sind auch Menschen.

Die goldenen Ziernähte einer Kintsugi-Schale sagen, ich war gebrochen – in viele Teile. Jetzt bin ich wieder ganz. Seine Bruchlinien sind immer einzigartig.

Manchmal ist der Kontakt zu Dir selbst unterbrochen. Dann hörst Du nicht mehr, was in Dir gehört werden will. Es müssen alle Teile wieder geordnet und an seinen ursprünglichen Platz gebracht werden. Zerbrochenes muss behutsam zu einem neuen Ganzen zusammengefügt werden. Es sind diese prägenden Erlebnisse, die eine Persönlichkeit letztendlich formen.

Das alles lässt sich nicht nebenbei entdecken, es braucht ernsthafte Hingabe. Hingabe hat eine verblüffende Wirkung.

Kintsugi, wie ich es in meiner Arbeit anwende, meint echten Kontakt. Eine (Gold!-)Verbindung in Form von Präsenz jenseits einer Rolle. Es bedeutet, nicht nur empathisch zu sein, sondern offen zu legen, was ich wahrnehme, wenn Du es vielleicht noch gar nicht siehst. Es bedeutet, dass Du erfährst, welche Muster da sind und wie diese zu erklären sind. Es bedeutet, Dich in den (Veränderungs-)Prozess einzubinden, aber auch zu sagen, was ich nicht begleiten kann.